Cyberpunk 2077 – Im GameWire-Review

Cyberpunk 2077 gelb

Vor fast zehn Jahren hat das polnische Entwicklerstudio CD Project RED das Open-World-Actionspiel Cyberpunk 2077 angekündigt. Im Dezember des letzten Jahres fand das – aus Sicht der Entwickler – fertige Spiel seinen Weg in den hiesigen Handel. Schon kurze Zeit später hagelte es heftige Kritiken seitens der Spielerschaft und Cyberpunk 2077 wurde als unfertiges Stück Software betitelt. Nach fast zehn Jahren in der Entwicklung!

Und tatsächlich offenbart sich bei einem genaueren Blick ein noch längst nicht fertiges Spiel. Gerade auf den Plattformen PlayStation 4 und Xbox One geben sich diverse Fehler die Klinke in die Hand und das Spiel wird scheinbar unspielbar. Trotz der vielen bereits veröffentlichten und geplanten Updates ändert sich daran – zumindest auf den „alten“ Konsolen – nichts. Aber lohnt es sich, durchzuhalten? Den Bugs die Stirn zu bieten? Und warum haben wir uns mit dem Test von Cyberpunk 2077 nur so viel Zeit gelassen?

Nun, zumindest auf die letzte Frage möchte ich bereits jetzt eine Antwort geben. Cyberpunk 2077 ist auf der PlayStation 4 tatsächlich fast unspielbar gewesen. Um also überhaupt einen halbwegs aussagekräftigen Test auf die Beine stellen zu können, musste ich auf die angekündigten Updates von CD Project warten. Ob sich das Warten gelohnt hat erfahrt ihr im nun endlich folgenden Test.

Von Fixern und Eddies

Schauplatz des futuristischen Cyberpunk 2077 ist die Stadt Night City und wir verkörpern einen Söldner (wahlweise Söldnerin) namens V. Unser tägliches Brot verdienen wir mit verschiedenen Jobs wie zum Beispiel dem Diebstahl von vermeintlich wertvollen Gegenständen. Dementsprechend stehen wir auch in engem Kontakt mit den Fixern von Night City. Anders als in der Realität handelt es sich bei besagten Fixern in Cyberpunk 2077 um unterschiedlich mächtige Unterweltbosse mit allerlei interessanten Aufgaben für die geldgeilen Schergen.

Die Handlung des Open-World-Shooters ist in drei Bereiche eingeteilt. Dem Prolog, dem ersten Akt und dem abschließenden zweiten Akt. Während wir uns zu Beginn unseres Abenteuers zunächst mit der Steuerung und der Spielwelt vertraut machen, geht es im nachfolgenden Spielabschnitt schon etwas mehr zur Sache. Wir knöpfen uns direkt die berüchtigte Arasaka-Familie vor. Ein Name den wohl jeder Bürger in Night City kennt. Ein Name den auch ein jeder Bürger in Night City respektiert und fürchtet. Fixer Dexter DeShawn bittet uns um einen Bio-Chip der sich in den Händen von Yorinobu Arasaka befindet und da wir heiß auf einen Haufen Eddies – das Geld in Cyberpunk 2077 – sind, machen wir uns unlängst auf den Weg.

Natürlich läuft dieser Coup alles andere als nach Plan und so sehen wir uns blitzschnell auf der abgelegenen Müllkippe wieder. Wie wir dahin kommen und wohin es uns danach verschlägt bringt ihr besser selber in Erfahrung. Alles andere wäre ein Spoiler. Und den vermeiden wir hier bei GameWire wie Vampire das Tageslicht!

Es gibt viel zu erleben

Eines kann ich euch aber sagen, die Handlung von Cyberpunk 2077 ist großes Kino. Ebenso wie die verschiedenen Charaktere und die generelle Spielwelt. Während unseres Abenteuers bekommen wir es mit unzähligen Spielfiguren zu tun, die nicht unterschiedlicher hätten sein können. Neben dem Fixer Dexter DeShawn treffen wir unter anderem auch die Prostituierte Evelyn Parker, Kumpanen Jackie Welles, Medium Misty Olszewski oder Ripperdoc Viktor Vektor. Alle Figuren haben etwas anderes zu sagen und einen anderen Platz in der Untergrund-Hierachie von Night City.

Von vielen dieser Individuen erhalten wir auch interessante Nebenaufgaben die uns abseits der Hauptgeschichte für einige Stunden unterhalten sollen. Und das tun sie! Denn schon beim ersten Blick auf die Karte von Night City offenbart sich uns als Spieler das ganze Ausmaß der schier unendlich scheinenden spielerischen Möglichkeiten die uns Entwickler CD Project Red bietet. Die Map ist gespickt mit Aufgaben, zu erkundenden Orten, Schnellreise-Stationen und Bezirksbossen bei denen sich ein Besuch durchaus lohnt. So können bereits viele Spielstunden in den Shooter versenkt werden, ohne auf dem Hauptstrang der Handlung auch nur einen Zentimeter weitergekommen zu sein. I like! Sehr umfangreich! Ist man als Spieler durch andere Projekte der Polen wie beispielsweise The Witcher III aber auch irgendwo gewohnt.

Überhaupt macht es Spaß, sich in Night City einfach nur umzusehen. Dank eines Tag-Nacht-Zyklus erwarten uns zu bestimmten Tageszeiten verschiedene Bürger der Stadt und verschiedene Nebenaufgaben. Als Beispiel bitten uns in einer Nebenaufgabe zwei Polizisten nach einem ihrer Kollegen zu sehen, der bei uns im Apartment-Komplex wohnt. Nach der ersten Visite sollen wir einige Stunden später wiederkommen. Und tatsächlich, wir treffen den depressiven Polizisten in seiner Wohnung und können ihn in ein Gespräch verwickeln. Anschließend gibt uns das Spiel die Aufgabe, ihm weitere unregelmäßige Besuche abzustatten. Lassen wir uns hier zu viel Zeit, dann finden wir beim nächsten Besuch zwei am Boden zerstörte Kollegen des Polizisten wieder, die uns von seinem Suizid berichten.

Cyberpunk 2077 ist voll von derartigen Aufgaben und ich muss zugeben, dass mich CD Project Red hier gut unterhalten hat. Im Rahmen dessen was an Unterhaltung möglich gewesen ist. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Die gängigen Rollenspielelemente

Kommen wir nun erstmal zu einem anderen Aspekt des Rollenspiel-Shooters: Dem Gameplay!

Wie in vielen anderen Spielen auch, können wir uns in Cyberpunk 2077 durch das Töten von Gegner oder die Erfüllung von Aufträgen Erfahrungspunkte verdienen. Diese können wir dann in unseren Charakter investieren. Im Charaktermenü haben wir so die Wahl, die Attribute zum Beispiel in unsere Coolness oder unsere technische Affinität zu investieren. Doch auch die Reflexe und die körperliche Konstitution lassen sich mit den hart erkämpften Punkten verbessern. Klar, dass jeder investierte Punkt andere Auswirkungen auf das Gameplay hat. Mit einem höheren Wert im Bereich „Technik“ kann sich V besser in Kameras und Automaten hacken. Dementsprechend haben wir eine bessere Übersicht über die Umgebung oder können weitere Ablenkungsmanöver starten.

Eine starke körperliche Konstitution lässt V dagegen mehr Einstecken und ist geradezu prädestiniert für einen klassischen Gunfight: Große und laute Wummen mit viel bleihaltiger Luft und jeder Menge toter Körper. Alles andere als unauffällig aber irgendwo doch der klassische Ansatz vieler Spieler denen es nicht schnell genug geht. Auf jeden Fall sind in Cyberpunk 2077 eine Vielzahl an Skillungen möglich und unser Moveset dementsprechend auch variabel. Hier dürfte wirklich für jeden etwas mit von der Partie sein.

Neben den charakteristischen Skillpunkten können auch V´s biomechanische Körperteile ausgetauscht und aufgewertet werden. Hier kommen die sogenannten Ripperdocs ins Spiele. Diese „Ärzte“ verfügen über das Wissen und die technischen Möglichkeiten, unserem Charakter allerlei coole Gadgets einzupflanzen. Sei es eine verbesserte Sicht oder die Möglichkeit, eine bestimmte Waffe bedienen zu können. Es gibt fast nichts, das man nicht bei den Ripperdocs von Night City bekommt. Vorausgesetzt wir haben die nötigen Eddies für den Eingriff. Aber auch hier lässt sich herrlich viel probieren und es gibt zig unterschiedliche Möglichkeiten der Skillung.

An der Grenze des verkraftbaren

Nun liest sich der Test bisher ja wirklich positiv. Wir haben eine gelungene Spielwelt und ebenso gelungene wie abwechslungsreiche Charaktere. Auch die Handlung muss sich nicht verstecken. Doch warum kann ich Cyberpunk 2077 nicht als den vermeintlichen AAA-Blockbuster bewerten, der er eigentlich sein sollte? Ja, warum bekommt das polnische Spiel eine eher durchschnittliche Bewertung? Die Sache ist schnell erklärt und meiner Meinung nach einfach schade, weil CD Project Red hier wirklich etwas ganz ganz Großes hat liegen lassen.

Auch wenn es sich hart anhört aber Cyberpunk 2077 ist über große Strecken einfach unspielbar! Es macht sogar den Anschein als wäre in vollem Bewusstsein der Entwickler ein nicht fertiges Spiel veröffentlicht worden. Und das nach zehn Jahren Entwicklungszeit und einer zehn Jahre andauernden Promotion. Hinzu kommt die grundsätzliche Patch-Strategie um die Kuh noch irgendwie vom Eis ziehen zu können. Anfänglich hegte ich noch Hoffnungen darauf, dass ich aufgrund der Updates mit meiner PlayStation 4 noch in den Genuss dieses potenziellen Hits kommen könnte. Im Laufe der Zeit stellte ich dann jedoch eine etwas falsche Aufteilung der Prioritäten fest.

Klar, CD Project Red muss es, als sich verantwortlich zeichnender Entwickler, allen Spielern Recht machen können aber die Performance-Probleme ad acta zu legen, um die Fahrphysik der Vehikel zu verbessern halte ich jetzt nicht unbedingt für sinnvoll.

Während V´s Abenteuer auf dem PC, der Xbox Series X|S oder der PlayStation 5 eine einigermaßen gute Figur macht – man kann sich zumindest auf das Setting einlassen – schmiert es auf der PlayStation 4 in regelmäßigen Abständen ab. Die Texturen laden nicht, Nebencharaktere fliegen durch die Luft oder bestimmte Schlüsselsituationen lassen sich nicht laden. Hinzu kommt die Tatsache dass ich wirklich bei jedem Neustart des Spiels – und davon gab es aufgrund der regelmäßigen Abstürze sehr viele – die kompletten Einstellungen wiederholt eingeben musste. Diese wurden zusätzlich zum Absturz ebenfalls gelöscht. Frustrierend.

Ich möchte hier gar nicht weiter ausführen was bei Cyberpunk 2077 alles schief gelaufen ist und was auch weiterhin schief läuft, denn zum einen wurde dies im Internet schon deutlich gemacht und zum anderen könnte ich damit noch zig weitere Seiten füllen. Und das wäre nicht fair. Denn auch wenn ich während und nach dem Test mit viel Unmut zu kämpfen hatte,

lässt sich Cyberpunk 2077 für viele Spieler ja doch irgendwie spielen. Mit Abstand am besten auf einem Highend-PC  wie ich festgestellt habe. Und genau diese Spieler bekommen ein solides Spiel mit einer interessanten Story und toll inszenierten Charakteren.

Mein Fazit

Wir fassen also zusammen. Nur weil ich überwiegend schlechte Erfahrungen mit Cyberpunk 2077 gemacht habe, kann ich nicht automatisch auch auf andere schließen. Ich weiß nämlich, dass man auf einem gut ausgestatteten PC, der PlayStation 5 oder Xbox Series X|S ein gutes Spielerlebnis geboten bekommt. Schade finde ich dennoch den Verdacht dass CD Project Red schlicht eine halbherzige Konsolenumsetzung auf den Markt geworfen hat, um Spieler aller Plattformen zur Kasse bitten zu können. Ihre Konsequenzen haben sie hierfür bereits bekommen.

Abseits dieser negativen Tatsachen und Schlagzeilen überzeugt Cyberpunk 2077 jedoch mit einer tollen Spielwelt, einer tollen Geschichte und überzeugenden Charakteren. Alleine die Größe und Fülle von Night City  fordert unzählige Spielstunden. Nimmt der Titel einmal Fahrt auf – ohne Unterbrechungen – dann bekommen wir als Spieler durch die überraschend gute deutsche Synchronisation auch eine Art AAA-Erlebnis geboten. Das macht alles andere so unfassbar traurig. So viel Potenzial!

Rückblickend kann ich Cyberpunk 2077 zum jetzigen Zeitpunkt also nur bedingt weiterempfehlen. Es sei denn ihr nennt einen absoluten Highend-PC euer Eigen. Dann habt ihr die besten Chancen auf ein Spielerlebnis frei von Fehlern. Allen anderen Spielern rate ich entweder zu einem Kauf im Sale oder einem warten bis alle Probleme durch Updates behoben worden sind. Es wird ja weiterhin daran gearbeitet.

Cyberpunk 2077 - Im GameWire-Review
  • 5.5/10
    Gameplay - 5.5/10
  • 4.5/10
    Sound - 4.5/10
  • 4/10
    Grafik - 4/10
  • 4/10
    Steuerung - 4/10
4.5/10

Fazit

Es kostete mich wirklich Überwindung Cyberpunk 2077 nur viereinhalb Punkte zu geben. Gerne hätte ich dem Open-World-Shooter des polnischen Entwicklers CD Project Red mehr Punkte gegeben. Doch auch wenn das generelle Setting rund um V und Night City zu überzeugen weiß, die deutsche Synchronisation wirklich toll und alle Charaktere herrlich abwechslungreich sind. Der Großteil der Software hat jedoch mit teilweise gravierenden Fehlern zu kämpfen. Manchmal wird das Spiel einfach unspielbar. Sollte CD Project Red alle Updates bezüglich der Performance veröffentlicht haben dann kann mit ruhigem Gewissen zugegriffen werden. Dann hat man mit Cyberpunk 2077 mit Sicherheit über viele Stunden Spaß.

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